Badische Staatsbrauerei Rothaus investiert mit BMS Maschinenfabrik in Sortier- und Abfüllanlage – ein Portrait

„Konzeptionell passend auf- und mit den richtigen Partnern umgesetzt“Ein Etikett, das seit 1972 verwendet wird; ein Standort im südlichsten Zipfel der Republik, der nur über eine Art Passstraße zu erreichen ist; und seit jeher keinerlei Fernsehwerbung – über das Phänomen Rothaus wurde und wird viel gerätselt. Sicher ist dagegen, dass hinter dem Erfolg der Badischen Staatsbrauerei mindestens vier Konstanten stehen: Die klare Schwarzwald-Positionierung, ein schmales, aber starkes Produktportfolio, eine über jeden Zweifel erhabene Qualität und last but not least: die konsequente Investition in die technische Ausstattung der Brauerei. Die vorerst letzten markanten Schritte auf diesem Weg waren die Inbetriebnahmen einer Sortieranlage sowie einer neuen Flaschenabfüllung in 2017.


BMS neue Sortieranlage für RothausMit der neuen Sortieranlage kann Rothaus 3.200 Kästen pro Stunde maschinell sortieren.
Die Brauerei Rothaus existiert seit stolzen 227 Jahren. Martin Gerbert, Fürstabt der Benediktiner, wollte mit ihrer Gründung die regionale Wirtschaftsleistung steigern und, so der Volksmund, die Schwarzwälder vom selbstgebrannten Schnaps abbringen. 15 Jahre später, durch die Säkularisierung, übernahm der Staat das Ruder. Und hält es bis heute. Seit 1922 ist das Unternehmen eine Aktiengesellschaft im Besitz des Landes Baden-Württemberg.

 

 

 

Immer mehr Fremdflaschen zwingen zum Handeln

2017 machte Rothaus nach eigenen Angaben einen Umsatz von 74,8 Millionen Euro. Abzüglich Zinsen, Steuern und Abschreibungen erwirtschaftete die Brauerei mit ihren 246 Mitarbeitern dabei einen zweistelligen Millionengewinn. Ertrags- und Ausstoßzahlen werden traditionell nicht gemeldet.

Über die Jahre hat Rothaus die an die Brauerei gestellten technischen Herausforderungen immer aufs Neue eindrucksvoll gelöst. Benötigte Rothaus beispielsweise 1988 noch zehn Liter Wasser für einen Liter Bier, sind es heute 4,5 Liter. Auch der CO2-Ausstoß wurde in den vergangenen Jahren um 50 Prozent reduziert. Dann schlug eine Entwicklung auf dem deutschen Biermarkt in den südlichen Schwarzwald durch, wurde im Arbeitsalltag neben der eigentlichen Bierbereitung zum immer dringlicheren Aufgabenfeld: „In den letzten fünf bis zehn Jahren beobachten wir in unserem Pool aus Vichy- und NRW-Flaschen stark steigende Durchmischungsquoten. Diese schwanken zwischen null Prozent im Kernmarkt bis hin zu 70 Prozent in Regionen, in denen der Markt hart umkämpft ist. Im Schnitt liegt der durchschnittliche Fremdglasanteil bei etwa 15 Prozent. Und das wird künftig nicht besser werden“, erläutert Ralf Krieger, der 1. Braumeister von Rothaus.

Mit steigendem Fremdflaschenanteil sinkt allerdings die Ausbringleistung des Flaschenkellers. Rothaus war also gezwungen, eine immer aufwändigere Sortierung vorzuschalten, um die Abfüllanlagen mit höchstmöglichem Wirkungsgrad betreiben zu können. „Ohne maschinelles Sortieren wäre eine Ausgliederung an Dienstleister unerlässlich geworden. Das wollten wir nicht, eine vollautomatische Sortieranlage sollte die Aufgabe zukunftsgerecht lösen“, so Krieger rückblickend.

BMS Säulenpalettierer UNIPAL 108 bei Rothaus Sowohl in der Sortierung als auch der Abfüllung entschied sich Rothaus für Säulenpalettierer des Typs UNIPAL 108.

Zuverlässigkeit und Flexibilität bei der Maschinentechnik im Fokus

Die Art und Weise der Umsetzung dieses Investitionsvorhabens war für Rothaus schnell geklärt. Christian Rasch, der Alleinvorstand der Rothaus AG, erinnert sich: „Wir wollten eine Mischung aus moderner Technik und bewährten Maschinen. Dabei sollte weniger bezüglich Laufleistung als vielmehr Richtung Zuverlässigkeit optimiert werden." Ziel dieser 10-Mio.-Euro-Investition war, zukünftig an fünf Tagen die Woche 3.200 Kisten pro Stunde maschinell sortieren zu können.

Rothaus definierte also exakt, was sie als Brauerei bezüglich Leistung, Flexibilität, Zuverlässigkeit und Zukunftsperspektive voraussetzt, packte alles in ein Pflichtenheft und fragte damit in einer Ausschreibung bei den relevanten Zulieferern an. „Das machen wir schon seit vielen Jahren so. Es gibt uns die Freiheit, jeweils die Lösung auszuwählen, die uns für die spezifische Aufgabe am besten gefällt“, verdeutlicht Krieger. Im Bereich der Packer und Palettierer fiel dabei die Wahl erstmals auf die BMS Maschinenfabrik.

„Wir haben“, so Krieger, „im Vorfeld natürlich vergleichbare Projekte im Kollegenkreis angeschaut. Da hatte BMS einfach einen guten Namen. Und wir hatten vor einigen Jahren schon einmal Kontakt. Schon damals waren wir von deren Kompetenz beim Maschinenbau und dem Engineering angetan.“ BMS fungierte bei diesem Projekt als reiner Maschinenlieferant. Die zentrale Herausforderung war also, neben der Bereitstellung der notwendigen Maschinentechnik die Signale der übergeordneten Steuerung so umzusetzen, dass die gewünschte Flexibilität sicher abgebildet werden konnte. Konkret beinhaltete der Auftrag zwei Säulenpalettierer UNIPAL 108, zwei Portalpacker UNIPACK 103 sowie zwei weitere Portalpacker UNIPACK 2.0. Diese Auswahl spiegelt die im jeweiligen Aufgabengebiet zum Erreichen der geforderten Performance notwenigen Leistungen wider.

Engineering und Umsetzung liefen termingerecht ab

BMS Portalpacker UNIPACK 103 Die Sortieranlage wurde in einer neugebauten Halle mit einer Grundfläche von 2.500 Quadratmetern installiert. Hinzu kommt ein Werbemittellager mit rund 1.500 Quadratmetern. Bei beiden Projekten wurden die Portalpacker UNIPACK 103 und UNIPACK 2.0 verbaut.
„Wir mussten bauseitig zum 1. Januar 2017 fertig sein. Das war schon sportlich. Die Projektabwicklung selbst, was das Engineering und die eigentliche Umsetzung der Sortieranlage betraf, hat danach sehr gut funktioniert“, resümiert Krieger. Alles ging termingerecht über die Bühne: Mitte März startete die Inbetriebnahme, die angestrebte Leistung wurde Ende Mai / Anfang Juni erreicht. Die erfolgreiche Abnahme folgte dann in KW 20 bis 22.

Die Sortierhalle wird über einen Palettentransport vom Leergutlager aus versorgt. Der Entlader unterscheidet als erstes zwischen Eigen- und Fremdkästen, in die später der Nebensortenpacker die aussortierten Mischflaschen einsetzt. Dieser Entlader hat eine Leistung von 3.500 Kästen pro Stunde. Nach dem Entpalettieren folgt ein mit 3.200 Kästen pro Stunde sehr leistungsstarker Auspacker, der alle ankommenden Flaschentypen der Sortierung zuführt.

Die Produktionsflasche, beispielsweise die 0,33-l-Rothaus-Vichy, geht direkt zum Hauptsorteneinpacker. Dieser verfügt über eine Stundenleistung von 3.600 Kästen. Der Nebensorteneinpacker setzt in bis zu 700 Kästen pro Stunde die vorherrschende Fremdflasche ein. Bei Rothaus ist das die 0,33-l-Longneck braun. Daneben platziert ist ein zusätzlicher Multieinpacker für 1.000 Kästen die Stunde, der die zwei nächsthäufigsten Fremdflaschen Longneck grün und Longneck weiß sortenrein einpackt. „Was wir als wieder verwendbar erkennen, packen wir also in unsere Rothauskiste und geben sie zum entsprechenden Flaschentausch“, unterstreicht Krieger. Die restlichen Fremdflaschen verarbeitet der Multieinpacker in seiner dritten Gasse zu Mischkästen.

„Die Sortierung bringt die Leistung und die Flexibilität absolut“

Wird dagegen in die 0,5-l-NRW abgefüllt, ist die primäre Fremdflasche die Longneck braun. Auch die 0,5-l-Euro spielt zunehmend eine Rolle. Diese wird aktuell noch auf eine eigene Gasse ausgeleitet, dort manuell abgenommen und in die Kästen eingesetzt. Ebenfalls häufig sind 0,33-l-Faschen im 0,5er-Kasten. Diese gehen nach dem Auspacken sortenrein auf eine Gasse des Multieinpackers.

Der abschließende Belader hat mit 3.800 Kästen die größte individuelle Einzelleistung. Insgesamt führen als Besonderheit vier Spuren zum Belader. Auf jeder dieser Spuren werden die zugewiesenen Kästen solange gepuffert, bis jeweils eine ganze Palette reinförmig aufgesetzt werden kann.

Rothaus sortiert also entweder die 0,33- oder die 0,5-l-Produktionsflasche. Eine parallele Verarbeitung beider Flaschentypen ist nicht möglich. Zum Wechsel ist die Anlage folglich umzubauen. Für Krieger ein weiterer Grund, sich für BMS zu entscheiden: „Die Wechseltechnik für die Köpfe ist sehr einfach und robust gelöst. Das bewährt sich, der Umbau geht wirklich sehr gut.“

Sehr gut lautet auch die Abschlussnote nach den bisherigen Praxiserfahrungen. Ralf Krieger: „Die Sortierung bringt die Leistung und die Flexibilität absolut. Großes Kompliment, weil es ja eine Individual- und keine Standardlösung war. Konzeptionell haben wir die Anlage passend auf- und mit den richtigen Partnern umgesetzt.“



Fliegender Wechsel zur Abfüllanlage BMS Einpacker des neuen TrockenteilsDer Einpacker des neuen Trockenteils leistet 3.000 Kästen pro Stunde, der Auspacker 3.200.

Mit Abschluss der Sortieranlage fiel gleichzeitig der Startschuss des Flaschenkellerprojekts. Eine klassische Ersatzinvestition, wie Alleinvorstand Rasch erklärt: „Wir hatten unsere Anlage 1 mit einer Stundenleistung von 50. bis 55.000 Flaschen aus dem Jahre 1997. Seither hat sich in der Maschinen-, Steuerungs- oder Inspektionstechnik viel getan. Der Zeitpunkt war also gekommen, diese Altlösung zu ersetzen.“ Hinzu kamen weitere sehr gute Gründe, die 20 Mio. Euro in den neuen Flaschenkeller zu investieren. So sank der Energieverbrauch im Vergleich zur Altanlage um 30 Prozent und Rothaus gewann an Funktionalität. Unter anderem wurde in der Neuanlage ein Tunnelpasteur integriert, weil die alkoholfreien Rothaus-Produkte sehr stark zulegen.

Die neue Anlage wurde in einer vor 15 Jahren verwirklichten Logistikhalle neben der bisher modernsten Abfüllanlage 3 aufgebaut. Diese Halle ist räumlich von der Sortieranlage getrennt. Im Flaschenkellerprojekt fungierte BMS erneut als Maschinenpartner für den Trockenteil. Geliefert wurde der Ent- und Belader wiederum als Säulenmaschine, die Packer sind Portalpacker Typ 103. Der Entlader leistet 3.300 Kästen pro Stunde, der Auspacker 3.200. Der Belader erhielt eine zusätzliche Spur, um auch Leerkästen palettieren zu können. Der Belader verarbeitet 3.300 Kästen pro Stunde, der Einpacker 3.000.


Fazit: Für die Zukunft bestens aufgestellt

In Betrieb genommen wurde der neue Flaschenkeller im September 2017, die erfolgreiche Abnahme erfolgte Anfang Dezember. Ihre Stundenleistung ist vergleichbar mir der der Altanlage 1, die Ende 2018 abgebaut und veräußert werden soll. Wichtig aus Sicht von Rothaus ist, dass sowohl die Sortieranlage als auch der Flaschenkeller auf dem neuesten und vor allem selben Stand der Technik sind. Denn das bedeutet gleiche Ansprechpartner, gleiche Ersatzteile und nicht zuletzt: gleiche Bedienung. „Da darf man seine Mitarbeiter nicht überfordern. Gerade, wenn man wie wir ganz unterschiedliche Zulieferer integriert und Wert darauf legt, dass die Mitarbeiter zwischen Sortierung und Abfüllung wechseln. Da sind die BMS-Maschinen vorbildlich aufgebaut. Die Menüführung ist absolut selbsterklärend und einleuchtend“, unterstreicht Krieger. Gleiche Maschinen sind darüber hinaus für das Wartungspersonal von Vorteil. Zusätzlich können Lieferanten über einen VPN-Zugang direkt auf die Maschinen zugreifen. „Fernwartung“, so Krieger, „ist eine sehr gute Sache, die wir gerne nutzen.“

So sieht sich Rothaus im Bereich der Abfüllung zurecht bestens aufgestellt für die kommenden Herausforderungen. Krieger fasst zusammen: „Wir haben jetzt die Leistung und die Flexibilität, um auf jedwede Entwicklung am Markt antworten zu können. Unsere Sortiertiefe lässt sich beispielsweise durch einen weiteren Multieinpacker jederzeit um weitere drei Sorten ausbauen. Die Fläche und die Schnittellen sind bereits vorbereitet.“ Und das ist sehr wahrscheinlich das fünfte Element des Erfolgsgeheimnisses der Badischen Staatsbrauerei – Rothaus denkt immer schon den ein oder anderen Schritt weiter.

 

Erschienen in: Brauwelt / September 2018

 

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