Clever kombiniert

Badische Staatsbrauerei Rothaus investiert in hochinteressanten TopClip-Prototyp

Anfang des Jahres ging bei der Badischen Staatsbrauerei Rothaus AG eine hochinteressante Investition im Bereich der TopClip-Verpackungen in Betrieb. Diese sollte im Vergleich zur Bestandsanlage noch moderner, leistungsstärker und exakter beim Ausrichten der Etiketten sein. Erfolgreich gelöst wurde diese Herausforderung, indem zwei Maschinenbauer ihre jeweilige Kernkompetenz zu einem gemeinsamen Prototyp zusammenführten.

Die Gründung der Brauerei Rothaus im Jahre 1791 soll einem wahrlich hehren Zweck gedient haben: Martin Gerbert, Fürstabt der Benediktiner, wollte die Schwarzwälder so vom selbstgebrannten „Wässerle“ abbringen. Ziel war es, „sein Ländle“ auf diesem Wege fitter und damit konkurrenz- und wirtschaftsfähiger zu machen. Es gibt aber auch eine weitere, etwas weniger romantische Entstehungsgeschichte. Diese besagt, dass Gerbert schlicht marktorientiert handelte. Als Beleg genannt wird dabei die Tatsache, dass parallel zur Brauerei auch eine Schnapsbrennerei gebaut wurde. Lieber mein Schnaps als deiner, sozusagen.


BMSDer Prototyp kombiniert die TopClip Applikation und die Etikettenausrichtung in einem gemeinsamen Maschinengestell


Gut durch die Pandemie gekommen

Fakt in der Brauereihistorie dagegen ist, dass im Rahmen der Säkularisierung der Staat im Jahre 1806 das Ruder übernahm - und es bis heute in der Hand hält. Aus gutem Grund. Ausstoßzahlen werden zwar traditionell nicht gemeldet. Aber auch in der Corona-Pandemie hat sich die Brauerei vergleichsweise gut behauptet. So konnte das Land Baden-Württemberg 2020 mehr als zehn Millionen Euro Dividende einstreichen. In den Vorjahren waren es um die elf Millionen. Die Umsatzrendite von Rothaus erreichte 17,4 Prozent. Der Umsatz ging 2020 dagegen um zehn Prozent auf 68,5 Millionen Euro zurück. Denn der Ausschank auf Volksfesten und in der Gastronomie fiel der Pandemie zum Opfer. Im Handel dagegen konnte das Solitärprodukt Tannenzäpfle weiter zulegen.

Und nochmals zurück zum Anfang: Neben Bier ist die Brauerei inzwischen auch wieder eine erstklassige Adresse für Hochprozentiges - und zwar gebranntes Bier, sprich Whisky. Der „Rothaus Black Forest Single Malt“ hat seit 2009 etliche Auszeichnungen erhalten. Rothaus lässt im Jahr 10.000 Flaschen von einem Partner destillieren. Aus Überzeugung und Strategie, wie Alleinvorstand Christian Rasch verdeutlich: „Der Whisky ist regelmäßig ausverkauft – ein Erfolg, der natürlich auch auf unsere Biere zurück strahlt.“


"Avangarde und Classic zugleich"

Kurz zusammengefasst stehen hinter dem Erfolg der Badischen Staatsbrauerei Rothaus AG vier Konstanten: ein klares Bekenntnis zur Heimat, dem Schwarzwald, eine über jeden Zweifel erhabene Qualität, die Kontinuität in der Markenführung und nicht zuletzt: die stetige Investition in ihre technische Ausstattung. Und zwar sowohl mit Blick auf das Produkt als auch die Nachhaltigkeit.

Dank Holzschnitzelanlage werden bereits 80 Prozent der Dampfwärme aus Biomasse erzeugt. Bis 2030 will die Brauerei dann klimapositiv sein, also mehr Energie regenerativ erzeugen als sie selbst verbraucht. Dazu sollen in diesem Zeitintervall insgesamt 40 Millionen Euro investiert werden -– aus eigenen Mitteln. Brauereichef Rasch stellt klar: „Wir sind nicht Retro, wir sind Classic, da wir nie weg waren.“


BMS ...in Kombination mit einem Wrap-around-Packer.

Kleine, praktische Verpackungen liegen im Trend

Das gilt selbstverständlich auch für die Verpackung, in der das Bier zum Konsumenten kommt. Hier setzt Rothaus zum Beispiel seit Jahren auf den sogenannten TopClip, der die Flaschen nicht wie ein klassisches Six-Pack komplett umschließt, sondern mit einem Kartonzuschnitt lediglich die Flaschenhälse fixiert und so die „Herrenhandtasche“ transportabel macht. Weniger ist bekanntlich manchmal mehr.

„Wir haben in diesem Segment einen stabilen Absatz mit leichter Steigerung. Der Trend geht aber weiterhin zu kleinen, praktischen Verpackungen. Dafür wollten wir gerüstet sein, deshalb haben wir uns für eine Investition in diese Verpackungsvariante entschieden“, blick Simon Herzog, Leiter Abfüllung bei Rothaus, zurück. Die Ziele dieser Investition waren klar definiert: mehr Leistung, modernere Technik sowie eine höhere Genauigkeit in der Etikettenausrichtung. Hinzu kam als wichtige Besonderheit: Rothaus wollte keine komplette Neuanlage. Die neue TopClip-Maschine musste vielmehr über einen Art Bypass an die Bestandsanlage angekoppelt werden. Roger Jäger, der sich inzwischen im Ruhestand befindliche vormalige Abfüllleiter, erläutert den Grund dieser Vorgabe: „Es ist geplant, die neue TopClip-Maschine später innerhalb des Standorts zu verlagern. Daher haben wir die alte Anlage nicht durch eine neue ersetzt.“ Das angestrebte System sollte es außerdem erlauben, entweder mit der Bestands- oder aber der Neuanlage produzieren zu können.




„Wir brauchten erst einmal einen Maschinenlieferanten, der es auch umsetzen kann“

Also, alle Rahmenbedingungen klar abgesteckt. Dann konnte es ja mit der Umsetzung zügig losgehen. Aber hierzu war zuerst eine besondere Hürde zu nehmen, wie sich Jäger erinnert: „Wir brauchten erst einmal einen Maschinenlieferanten für diese Art der Verpackung, der unsere Vorgaben auch zuverlässig umsetzen kann.“ Fündig wurde Rothaus bei der EOL-Gruppe, namentlich bei den Schwesterunternehmen BMS und A + F. Ein interdisziplinäres Team beider Unternehmen führte dabei die TopClip-Einheit sowie die Etikettenausrichtung in einem gemeinsamen Maschinengestell zu einem echten Prototyp zusammen. Das Achssystem zur Aufbringung der TopClips war beispielsweise eine bereits vielfach bewährte Konstruktion. Der TopClip-Greifer sowie deren Magazin sind dagegen echte Neuentwicklungen. Das Ausrichten der Flaschen im Kasten war wiederum vom Packerbau her bekannt. Dazu wird im Zulauf die Lage der Etiketten detektiert und den Servomotoren der Ausrichteinheit den jeweils notwendigen Drehwinkel der Packtulpe vorgegeben

Der TopClip selbst wird an zwei aufeinanderfolgenden Stationen auf die drei ausgerichteten Kästen appliziert. Die Zuschnitte werden dazu im Magazin vorgelegt. In dem Moment, an dem der TopClip entnommen wird, erfolgt auch dessen automatisches Aufrichten. Ausgelegt ist der Prototyp auf eine Stundenleistung von 27.000 0,33er-Flaschen. Beim eigentlichen Maschinenbau wurden auch kundenspezifische Vorgaben wie die Art der Packtulpen oder die der Antriebstechnik durchgängig berücksichtigt.


LOP 4.0 und „Virtuelle Inbetriebnahme“ als hilfreiche Werkzeuge

Als hilfreiches Werkzeug bei dieser Maschinenentwicklung erwies sich LOP 4.0, das sich auch auf etlichen Baustellen und im Service bewährt hat. LOP 4.0 ist ein cloudbasiertes Informationsmanagementsystem, auf das alle Projektbeteiligten zugreifen können. Diese digitale Plattform bildet den aktuellen und künftigen Projektstatus mit höchstmöglicher Transparenz ab. Jeder Projektpartner kann beispielsweise Fotos oder Videos hochladen, nächste Schritte zur Diskussion stellen oder einzelne Punkte priorisieren. Wechselwirkungen auf den weiteren Verlauf werden so sofort sichtbar. Das reduziert Reibungs- und Abstimmungsverluste und führt zu einem hohen Grad an Planbarkeit.

Ein weiteres wichtiges Tool war die sogenannte „Virtuelle Inbetriebnahme.“ Abgeklärt wurde damit zum Beispiel das Durchtakten der Kästen – lange vor der eigentlichen Baustelle. Die „Virtuelle Inbetriebnahme“ geht dabei weit über die reine Computersimulation hinaus. Das Programm steuert exakt die SPS an, die beim Kunden zum Einsatz kommen wird, und diese wiederum die Simulation. Die in diesen Tests nahezu unter Einsatzbedingungen gewonnen Erkenntnisse helfen, die Anlagenkonstruktion sowie die spätere Inbetriebnahme beim Kunden optimal zu gestalten.

Sowohl für das 0,5- als auch das 0,33-l-Gebinde geeignet

Der von Rothaus georderte Lieferumfang umfasste konkret: zwei Gebindeschleusen zur Anbindung an die Bestandsanlage, den Gebindetransport, die neuentwickelte TopClip-Maschine, die Flascheninspektion sowie die Automatisierung. Zusätzlich wurde noch ein vorhandener Inspektor, der vor der Palettierung den korrekten Sitz der TopClips kontrolliert, modernisiert und eingebunden. „Nach der Anlieferung wurde die Montage im geplanten Zeitraum abgeschlossen“, so Jäger. Und weiter: „Da es sich bei der Maschine um einen Prototyp handelt, war mir bewusst, dass es noch Nachbesserungen geben wird. Diese wurden aber schnell und kompetent gelöst.“

Geeignet ist der TopClip-Prototyp von Rothaus sowohl für das 0,5- als auch das 0,33-l-Gebinde. Aus einem 20er-Kasten werden so fünf TopClips mit jeweils vier Flaschen in Reihe. Beim 24er-Kasten ist die Variante vier Stück 2 x 3 vorgesehen. Selbstverständlich eignet sich die Neuentwicklung auf für weitere Applikationen. Grundsätzlich gilt dabei: Alles was stabil genug ist, damit ein TopClip aufgesetzt werden kann, und der Behälter sich drehen lässt, ist potenziell verarbeitbar.

„Die Aufgabenstellung wurde sehr gut gelöst“

„Die Aufgabenstellung wurde sehr gut gelöst. Das gilt sowohl mit Blick auf die maschinenseitige Umsetzung als auch die erbrachte Stundenleistung. Damit können wir die benötigte Produktionsmenge in erheblich kürzerer Zeit bereitstellen“, resümiert Jäger. Und Herzog nennt einen weiteren Aspekt: „Die Bestandanlage richtet die Flaschen nicht immer zufriedenstellend aus. Hier gibt und gab es regelmäßig falsch ausgerichtete Flaschen. Die neue TopClip-Maschine ist in dieser Hinsicht viel zuverlässiger und exakter.“ Manchmal kochen mehrere Köche halt doch den besseren Brei.

BMSInnerhalb der Maschine werden an zwei Stationen jeweils drei Kästen ausgerichtet und mit den TopClips versehen.


 

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